“Das Aroma eines einzigen Augenblicks”
8. April 2020„Ein Whisky muss den Trinkenden in Bann schlagen“
8. April 2020
MAGAZIN Inhaltsstoffe
INTERVIEW FLORENT BEUCHET
„Compagnie des Indes“: In dem Namen des unabhängigen Abfüllers und Handelshauses schwingt Geschichte mit – Wirtschaftsgeschichte. Das französische Unternehmen sieht sich in der Tradition der Handelsflotten des 17. und 18. Jahrhunderts, die aus Indien und anderen fernen Ländern exotische Güter in ihre europäische Heimat importierten.
Der erst 31 Jahre alte Florent Beuchet ist der Mann hinter der Compagnie des Indes, die in Deutschland und darum auch auf dem BOTTLE MARKET von der Perola GmbH vertreten wird. Mit dem BOTTLE Magazin sprach der Rum-Liebhaber unter anderem über guten und schlechten Rum und darüber, wie man zu einem Kenner wird.
BOTTLE: Aus der Vielzahl der klassischen Spirituosen haben Sie sich Rum zum Beruf erkoren. Warum?
FLORENT BEUCHET: Schicksal. Ich habe in Frankreich einen Master in Internationalem Wein- und Spirituosenhandel erworben. Dann ergab sich die Möglichkeit, nach New York zu gehen und als Brand Manager für den unabhängigen Abfüller Banks Rum zu arbeiten, der auf Blends spezialisiert ist. Dort habe ich gemerkt, wie vielfältig die Welt der Rums ist, wie viele Geschmacksrichtungen es gibt – ich war gefangen.
Wie oft reisen Sie, um neue Rums zu entdecken, und wie lange dauert es, bis Sie einen finden?
Reisen kostet sehr viel, darum bin ich nicht so viel unterwegs, wie ich es gern wäre. Ich mache alle zwei Jahre eine große Tour – zuletzt Anfang 2018. Damals habe ich in 30 Tagen 30 Destillerien in neun Karibikstaaten besucht. Mit sieben Brennern bin ich gleich vor Ort ins Geschäft gekommen. Manchmal klappt es aber auch nicht oder es dauert Jahre – das hängt zum Beispiel von den geforderten Preisen, der Qualität oder auch der produzierten Menge ab.
Vielfach ist zu lesen, nach dem Gin werde Rum der nächste große Hype. Stimmt das?
Für Europa ja. Hier ist Rum ziemlich populär geworden. Den Weg dahin haben die leicht trinkbaren, sehr kommerziellen Marken bereitet, die dunkel und sehr süß sind. Inzwischen beobachten wir aber, dass die Verbraucher immer sachkundiger werden und zu ehrlicheren Sorten greifen. Die Menschen werden immer empfindlicher in Sachen Qualität und machen sich Gedanken über Zusatzstoffe. Darum ist Europa ein guter Markt für Qualitätsrum.
Wird hier auch am meisten Rum getrunken?
Nein, da sind die USA ganz vorn. Die Amerikaner bevorzugen allerdings die schlechtesten Sorten.
Was nennen Sie „schlecht“?
Eine schlechte ist das Gegenteil von einer ehrlichen Sorte. Damit meine ich Rums, die stark mit Zucker, Vanille und Farbstoffen versetzt sind. Die Welt der Rums ist eine Welt der Piraten!
Ist Alter ein Qualitätsmerkmal?
Das glauben Kunden oft, zumal alter Rum meist teurer ist. Aber er ist deshalb nicht per se gut, sondern kann total trocken und holzig sein, unausgewogen. Demgegenüber kann auch ein sehr junger Rum schön kraftvoll schmecken. Lassen Sie mich auch ausdrücklich betonen, dass die Farbe des Brandes nicht das Geringste mit seiner Qualität zu tun hat. Verbraucher halten oft, aber irrtümlich eine dunkle Färbung für ein Zeichen von Alter und damit Qualität. Darum setzen Brenner 90 Prozent der Rumsorten Farbstoffe zu. Ich mache das nicht – ich habe darum zum Beispiel einen 20 Jahre alten Rum im Angebot, der so hell wie Weißwein ist.
Weil manche Erzeuger und Händler sich weigern, ihre Brände am Alter messen zu lassen, gibt es in der Whisk(e)y-Welt auch Abfüllungen ohne Altersangabe auf dem Etikett. Ist das bei Rum ebenso? Ja, solche „No Age Statement“- Rums gibt es inzwischen. Einer der Hauptgründe ist, dass viele Angaben auf Etiketten in die Irre führen. Nehmen wir zum Beispiel die Angabe „Sistema Solera“. Sie bezeichnet einen bestimmten Reifungsprozess und trickst zugleich Verbraucher aus. Wenn da nämlich steht „Sistema Solera 23“, neigen die Verbraucher zu der Annahme, der Rum sei 23 Jahre alt. Wegen des Reifeprozesses kann aber tatsächlich nur ein einziger Tropfen in der Flasche so alt sein – der Rest dieses Rums aber viel jünger.
Gibt es wie bei Whisk(e)y einen Rum-Sammlermarkt? Wenn ja, was erzielt da welche Preise?
Ja, das nimmt zu. Meines Wissens hat ein Rum da schon mal mehr als 5.000 Euro erzielt.
Wenn ich ins Rum-Sammeln einsteigen will, was raten Sie mir?
Konzentrieren Sie sich auf die Einzelfass-Rums, die Single Casks also, und auf limitierte Abfüllungen. Gut sind natürlich auch Sorten aus Brennereinen, die ihren Betrieb eingestellt haben – da kommt ja nichts mehr nach.
Welchen Rum empfehlen Sie Einsteigern?
Etwas Einfaches, aber doch Ehrliches. Da kommen Rums aus der französischen Karibik, etwa von Martinique, in den Sinn. Oder von Jamaica und aus Südamerika.
Haben Sie selbst einen Favoriten?
Ja, unseren Jamaica Navy Strength mit 57 Prozent Alkohol. Weil der so hochprozentig ist, entfalten sich die Aromen besonders gut – man trinkt davon natürlich nur wenig. Er eignet sich aber auch sehr gut für Cocktails, zum Beispiel einen Hemingway Daiquiri, einen Old Cuban oder einen Old Fashioned.
Food-Pairing ist ja in aller Munde – was isst man zu einem guten Schluck Rum?
Rum passt gut zu scharfen Speisen, aber auch zu Austern, Shrimps und geräuchertem Fisch oder Gebäck. In Deutschland stagniert der Absatz von Rum nach Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure.
Machen Sie diese Erfahrung auch selbst?
Nein, kann ich nicht sagen. Mein Hauptmarkt ist Frankreich, aber Deutschland kommt an zweiter Stelle – und hier verzeichne ich Zuwächse von 20 Prozent jährlich. Das liegt sicher auch daran, dass ich viele Präsentationen in Bars und Spirituosengeschäften mache – oder auf Messen.
Sie haben ja eigens für den deutschen Markt einen Rum kreiert, der im Bierfass gereift wurde. Wie ist die Resonanz darauf?
Oh, ziemlich gut, soweit ich weiß. Den Leuten gefällt die Verpackung des „Oktoberum“ und auch das Etikett ist hübsch. Und wenn Sie jetzt gleich fragen wollen, ob wir noch mal was Ähnliches machen werden: Kann sein, aber aktuell ist nichts in Planung.
Sie bieten viel mehr Rum als Rhum agricole an, landwirtschaftlich erzeugten Rum unmittelbar aus frischem Zuckerrohrsaft. Warum? Und bedauern Sie das?
Ja, das ist sehr schade. Tatsächlich ist dieser Rum von besonders guter Qualität, denn er wird nur in kleinen Mengen destilliert. Aber zum einen gibt es nicht so viele Brennereien, die darauf spezialisiert sind. Und zum anderen erzeugen sie eben alle nur recht wenig, sodass ich nicht mehr einkaufen kann.
Gibt es in Ihrem Produktspektrum noch echte Leerstellen, die Sie gern füllen würden?
Durchaus. Ich würde gern auch Rum aus Japan oder aus Südafrika anbieten. Ich bin sicher, dass es da feine Brände gibt – aber ich hatte noch nicht die Zeit, mich damit eingehender zu beschäftigen.
Sie haben sehr jung angefangen – wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in 20 Jahren?
Hoffentlich lebe ich dann in der Karibik und habe neben der Compagnie des Indes auch meine eigene Brennerei.
BOTTLE: Aus der Vielzahl der klassischen Spirituosen haben Sie sich Rum zum Beruf erkoren. Warum?
FLORENT BEUCHET: Schicksal. Ich habe in Frankreich einen Master in Internationalem Wein- und Spirituosenhandel erworben. Dann ergab sich die Möglichkeit, nach New York zu gehen und als Brand Manager für den unabhängigen Abfüller Banks Rum zu arbeiten, der auf Blends spezialisiert ist. Dort habe ich gemerkt, wie vielfältig die Welt der Rums ist, wie viele Geschmacksrichtungen es gibt – ich war gefangen.
Wie oft reisen Sie, um neue Rums zu entdecken, und wie lange dauert es, bis Sie einen finden?
Reisen kostet sehr viel, darum bin ich nicht so viel unterwegs, wie ich es gern wäre. Ich mache alle zwei Jahre eine große Tour – zuletzt Anfang 2018. Damals habe ich in 30 Tagen 30 Destillerien in neun Karibikstaaten besucht. Mit sieben Brennern bin ich gleich vor Ort ins Geschäft gekommen. Manchmal klappt es aber auch nicht oder es dauert Jahre – das hängt zum Beispiel von den geforderten Preisen, der Qualität oder auch der produzierten Menge ab.
Vielfach ist zu lesen, nach dem Gin werde Rum der nächste große Hype. Stimmt das?
Für Europa ja. Hier ist Rum ziemlich populär geworden. Den Weg dahin haben die leicht trinkbaren, sehr kommerziellen Marken bereitet, die dunkel und sehr süß sind. Inzwischen beobachten wir aber, dass die Verbraucher immer sachkundiger werden und zu ehrlicheren Sorten greifen. Die Menschen werden immer empfindlicher in Sachen Qualität und machen sich Gedanken über Zusatzstoffe. Darum ist Europa ein guter Markt für Qualitätsrum.
Wird hier auch am meisten Rum getrunken?
Nein, da sind die USA ganz vorn. Die Amerikaner bevorzugen allerdings die schlechtesten Sorten.
Was nennen Sie „schlecht“?
Eine schlechte ist das Gegenteil von einer ehrlichen Sorte. Damit meine ich Rums, die stark mit Zucker, Vanille und Farbstoffen versetzt sind. Die Welt der Rums ist eine Welt der Piraten!
Ist Alter ein Qualitätsmerkmal?
Das glauben Kunden oft, zumal alter Rum meist teurer ist. Aber er ist deshalb nicht per se gut, sondern kann total trocken und holzig sein, unausgewogen. Demgegenüber kann auch ein sehr junger Rum schön kraftvoll schmecken. Lassen Sie mich auch ausdrücklich betonen, dass die Farbe des Brandes nicht das Geringste mit seiner Qualität zu tun hat. Verbraucher halten oft, aber irrtümlich eine dunkle Färbung für ein Zeichen von Alter und damit Qualität. Darum setzen Brenner 90 Prozent der Rumsorten Farbstoffe zu. Ich mache das nicht – ich habe darum zum Beispiel einen 20 Jahre alten Rum im Angebot, der so hell wie Weißwein ist.
Weil manche Erzeuger und Händler sich weigern, ihre Brände am Alter messen zu lassen, gibt es in der Whisk(e)y-Welt auch Abfüllungen ohne Altersangabe auf dem Etikett. Ist das bei Rum ebenso? Ja, solche „No Age Statement“- Rums gibt es inzwischen. Einer der Hauptgründe ist, dass viele Angaben auf Etiketten in die Irre führen. Nehmen wir zum Beispiel die Angabe „Sistema Solera“. Sie bezeichnet einen bestimmten Reifungsprozess und trickst zugleich Verbraucher aus. Wenn da nämlich steht „Sistema Solera 23“, neigen die Verbraucher zu der Annahme, der Rum sei 23 Jahre alt. Wegen des Reifeprozesses kann aber tatsächlich nur ein einziger Tropfen in der Flasche so alt sein – der Rest dieses Rums aber viel jünger.
Gibt es wie bei Whisk(e)y einen Rum-Sammlermarkt? Wenn ja, was erzielt da welche Preise?
Ja, das nimmt zu. Meines Wissens hat ein Rum da schon mal mehr als 5.000 Euro erzielt.
Wenn ich ins Rum-Sammeln einsteigen will, was raten Sie mir?
Konzentrieren Sie sich auf die Einzelfass-Rums, die Single Casks also, und auf limitierte Abfüllungen. Gut sind natürlich auch Sorten aus Brennereinen, die ihren Betrieb eingestellt haben – da kommt ja nichts mehr nach.
„Mein Hauptmarkt ist Frankreich, aber Deutschland kommt an zweiter Stelle – und hier verzeichne ich Zuwächse von 20 Prozent jährlich.“
Welchen Rum empfehlen Sie Einsteigern?
Etwas Einfaches, aber doch Ehrliches. Da kommen Rums aus der französischen Karibik, etwa von Martinique, in den Sinn. Oder von Jamaica und aus Südamerika.
Haben Sie selbst einen Favoriten?
Ja, unseren Jamaica Navy Strength mit 57 Prozent Alkohol. Weil der so hochprozentig ist, entfalten sich die Aromen besonders gut – man trinkt davon natürlich nur wenig. Er eignet sich aber auch sehr gut für Cocktails, zum Beispiel einen Hemingway Daiquiri, einen Old Cuban oder einen Old Fashioned.
Food-Pairing ist ja in aller Munde – was isst man zu einem guten Schluck Rum?
Rum passt gut zu scharfen Speisen, aber auch zu Austern, Shrimps und geräuchertem Fisch oder Gebäck. In Deutschland stagniert der Absatz von Rum nach Zahlen des Bundesverbandes der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure.
Machen Sie diese Erfahrung auch selbst?
Nein, kann ich nicht sagen. Mein Hauptmarkt ist Frankreich, aber Deutschland kommt an zweiter Stelle – und hier verzeichne ich Zuwächse von 20 Prozent jährlich. Das liegt sicher auch daran, dass ich viele Präsentationen in Bars und Spirituosengeschäften mache – oder auf Messen.
Sie haben ja eigens für den deutschen Markt einen Rum kreiert, der im Bierfass gereift wurde. Wie ist die Resonanz darauf?
Oh, ziemlich gut, soweit ich weiß. Den Leuten gefällt die Verpackung des „Oktoberum“ und auch das Etikett ist hübsch. Und wenn Sie jetzt gleich fragen wollen, ob wir noch mal was Ähnliches machen werden: Kann sein, aber aktuell ist nichts in Planung.
Sie bieten viel mehr Rum als Rhum agricole an, landwirtschaftlich erzeugten Rum unmittelbar aus frischem Zuckerrohrsaft. Warum? Und bedauern Sie das?
Ja, das ist sehr schade. Tatsächlich ist dieser Rum von besonders guter Qualität, denn er wird nur in kleinen Mengen destilliert. Aber zum einen gibt es nicht so viele Brennereien, die darauf spezialisiert sind. Und zum anderen erzeugen sie eben alle nur recht wenig, sodass ich nicht mehr einkaufen kann.
Gibt es in Ihrem Produktspektrum noch echte Leerstellen, die Sie gern füllen würden?
Durchaus. Ich würde gern auch Rum aus Japan oder aus Südafrika anbieten. Ich bin sicher, dass es da feine Brände gibt – aber ich hatte noch nicht die Zeit, mich damit eingehender zu beschäftigen.
Sie haben sehr jung angefangen – wo sehen Sie sich und Ihr Unternehmen in 20 Jahren?
Hoffentlich lebe ich dann in der Karibik und habe neben der Compagnie des Indes auch meine eigene Brennerei.